Betroffeneninitiative:

Zwei Zivilklagen im Bistum Trier erwartet

Die Trierer Initiative Missbit hat angekündigt, von Missbrauch durch Kirchenvertreter betroffene Personen bei zwei offenbar bevorstehenden Zivilklagen im Bistum Trier zu unterstützen. Weitere zehn Missbit-Mitglieder hätten zudem bekundet, "den ersten Prozess abzuwarten und dann über Klagen zu entscheiden", sagte Missbit-Sprecher Hermann Schell vor Journalisten in Trier.

Der Verein Missbit ("Missbrauchsopfer und Betroffene im Bistum Trier") hat nach eigenen Angaben rund 70 Mitglieder. Mehr als die Hälfte seien von Missbrauchstaten betroffen gewesen. Einer davon ist Thomas Kiessling, der bei der Pressekonferenz eine Klage ankündigte.

15.000 Euro habe er zugesprochen bekommen, nachdem sein Fall durch die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs (UKA) in Bonn geprüft wurde. "Dagegen werde ich Einspruch einlegen und Klage gegen das Kloster St. Matthias in Trier erheben." In einem nächsten Schritt werde er dann, wenn nötig, gegen das Bistum klagen. "Mir geht es nicht ums Geld, sondern um die Aufklärung. Die Klagesumme steht noch nicht fest", sagte Kiessling, der sich als Vergewaltigungsopfer bezeichnete. Über vier Jahre sei er von einem bereits verstorbenen Pater vergewaltigt worden. "Nach 51 Jahren kämpfe ich noch immer damit, was er mir angetan hat."

Eine andere Klage werde wohl bis Ende März erhoben, führte Missbit-Jurist Rudolf Fischer aus. "Dieser Betroffene hat 9.000 Euro erhalten. Im letzten Schreiben haben wir 300.000 Euro Schmerzensgeld gefordert." Bis 28. Februar solle es seitens des Bistums darauf eine Antwort geben. Missbit begründete die generelle Entscheidung, künftig den Klageweg zu nutzen, mit dem Verhalten des Trierer Bischofs Stephan Ackermann. Dieser habe eine formelle Kooperationsvereinbarung sowie außergerichtliche Vergleichsverhandlungen abgelehnt.

Die Erfahrungen der vergangenen 14 Jahre in der Betroffenenarbeit zeigten, dass Betroffenenorientierung, Anerkennung des Leids und Kultur der Aufmerksamkeit leere Worthülsen seien, kritisierte Missbit. "Die Präventionsmaßnahmen werden wie eine Monstranz vor sich hergetragen, dabei hat die Aufdeckung der kriminellen Sexualstraftaten noch gar nicht richtig begonnen", führte Schell aus. "Nach wie vor wird vertuscht und mit aller Macht das System Kirche geschützt." Ein neuer Hilfsfonds solle nun Voraussetzungen dafür schaffen, dass Betroffene Ansprüche rechtlich durchsetzen könnten.

Das Bistum hatte bereits zuvor angekündigt, sich entsprechenden Klagen zu stellen. Bislang seien keine Klagen eingegangen, sagte Bistumssprecherin Judith Rupp der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) nach der Pressekonferenz.

Die Pressestelle teilte zudem mit, dass es neben den angekündigten Klagen auch Anfragen nach außergerichtlicher Einigung gebe. "Das Bistum Trier lehnt außergerichtliche Vergleiche neben dem von den Bistümern und Orden gemeinsam eingerichteten Verfahren zur Anerkennung des Leids ab", erklärte die Pressestelle. Auch eine exklusive Zusammenarbeit mit Missbit würden die Bistumsverantwortlichen nicht anstreben. "Die Möglichkeit zu Aufarbeitungsprozessen muss allen Betroffenen offenstehen, auch denen, die nicht von Missbit vertreten oder begleitet werden."

Wie das Bistum im Internet darstellt, wurden seit 2010 "materielle Anerkennungen des Leides" in Höhe von 2,141 Millionen Euro sowie Therapiekosten in Höhe von 106.720 Euro ausgezahlt. Die Leistungen gingen in den Jahren 2010 bis 2022 an 164 Personen.

KNA

22.02.2024 - Bistum , Missbrauch , Recht & Gesetz